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AfD-Wirbel zur NRW-Kommunalwahl: Das steckt hinter den toten Kandidaten

AfD-Wirbel zur NRW-Kommunalwahl: Das steckt hinter den toten Kandidaten

Mindestens 14 Kandidaten für die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen sind in den vergangenen Wochen gestorben. Sechs davon waren in der AfD. Alice Weidel befeuert damit wilde Gerüchte. „Du wirst uns fehlen, Wolfgang“: Am 19. August veröffentlichte der AfD-Regionalverband Ruhr einen Nachruf auf einen Mann, der im Alter von 59 Jahren gestorben ist: Wolfgang Seitz war Fraktionsvorsitzender der AfD im Regionalverband Ruhr (RVR) und Ratsherr im Dortmunder Stadtrat. Zur Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen am 14. September war er erneut aufgestellt. Wie fünf weitere AfD-Bewerber, die seit Anfang Juli gestorben sind. So emotionale und warmherzige öffentliche Abschiedsworte aus der Partei bekam jedoch nur Seitz, der „lebensfrohe Kerl zum Pferdestehlen, (…) ein waschechter Malocher“. Dass die anderen jetzt überhaupt auch so in der Öffentlichkeit stehen, liegt maßgeblich an Alice Weidel , der AfD-Parteivorsitzenden. Mit dem dürren Kommentar „Vier AfD-Kandidaten gestorben“ teilte sie auf der Plattform X den Post eines Nutzers, der eine WDR-Meldung zu den vier verstorbenen Kandidaten teilte und behauptete, das sei „statistisch fast unmöglich“. Weidel wusste zu dem Zeitpunkt offenbar noch nichts von zwei weiteren verstorbenen Kandidaten, die dem Landesverband NRW bekannt waren. Für manche Anhänger Weidels war ihre Nachricht auf X eine kaum verhohlene Botschaft, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könne. Ihr Vize Stephan Brandner legte noch nach: „Aus meiner Sicht ist es statistisch auffällig und zur Zeit schwer erklärbar.“ Das rechtsextreme Compact-Magazin goss dann noch Öl ins Feuer mit einer frei erfundenen Weidel-Aussage, die Todesfälle seien ein „Weckruf“, der Hass gegen die AfD eskaliere. Weidel habe das nicht geschrieben, sagte ihr Sprecher t-online auf Anfrage. Ein Sprecher des AfD-Landesverbands teilte t-online mit, man trauere um die Parteifreunde und sei in Gedanken bei den Angehörigen. Da es ein statistisch auffälliger Ausreißer sei, werde man die Umstände genau prüfen. Der Landesverband tritt generell defensiver auf. Landes-Vize Kay Gottschalk sagte „Welt TV“, es bestünden „keine Hinweise, dass es sich um Mord oder Ähnliches“ handele. Dafür haben auch die Behörden bei den einzelnen Todesfällen nicht den leisesten Verdacht. t-online klärt über den Fall und die Zahlen auf. Keine Hinweise auf signifikant erhöhte Zahl von Sterbefällen Die Zahl der Bewerber: Die Verstorbenen gehörten zu den Bewerbern bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen, deren Zahl landesweit hoch fünfstellig ist. Allein in Köln wurden 1.822 Vorschläge für die Wahlen zu Stadtrat, Bezirksvertretungen, Integrationsrat und Oberbürgermeister zugelassen. Landesweit werden in 396 Städten und Gemeinden sowie in 31 Kreisen Vertretungen für Gemeinderäte, Kreistage und Bezirksvertretungen sowie zum Regionalverband Ruhr gewählt. Die Todesfälle : In den vergangenen Wochen verstarben mindestens 14* Bewerber, die für mindestens sieben Parteien und Gruppierungen auf den Wahlzetteln standen. Ein Sprecher der NRW-Landeswahlleiterin Monika Wissmann zu t-online: „Angesichts der Vielzahl der bei Kommunalwahlen zu vergebenden Sitze und der Bewerberinnen und Bewerbern hierzu ereignen sich bedauerlicherweise immer Todesfälle.“ Beim Land gibt es keine Erkenntnisse dazu, dass die Zahl signifikant erhöht sein könnte. In der Vergangenheit waren Todesfälle nur lokal Thema und nie mit Verschwörungserzählungen verbunden. Die Zahlen der Landeswahlleiterin könnten auch noch unvollständig sein. Weil die Kommunen die Wahlen in eigener Verantwortung organisieren, müssen sie Todesfälle gar nicht nach Düsseldorf melden, die Erkenntnisse der Landeswahlleiterin stammen zum Teil aus der Presse. Am Montag waren dort auch die zwei älteren Todesfälle aus der AfD nicht bekannt. Bei anderen Parteien ist das genauso gut möglich. Auch die Tierschutzpartei (Essen), die Volksabstimmung (Gemeinde Much), eine Wählergruppe aus Solingen, die Freien Wähler (Wuppertal), die SPD (Bad Münstereifel), die Grünen (Gemeinde Hellenthal) und die FDP (Krefeld) hatten jeweils einen Todesfall zu beklagen. Bei einem achten Todesfall ist die Partei oder Wählergruppe bisher nicht bekannt, die Person gehörte aber nicht der AfD an. Dass von der Partei aber sechs Kandidaten verstorben sind, macht viel Wirbel. Bei ihnen handelt es sich um: Wolfgang Seitz (59 Jahre) aus Rheinberg/Kreis Wesel Stefan Berendes (59 Jahre) aus Bad Lippspringe/Kreis Paderborn Ralph Lange (Geburtsjahr 1958, 66 oder 67 Jahre) aus Blomberg, Kreis Lippe Wolfgang Klinger (Geburtsjahr 1953, 71 oder 72 Jahre) aus Schwerte/Kreis Unna. Bei Lange und Klinger konnten die Wahlämter auf Nachfrage das genaue Alter nicht nennen, weil in der Veröffentlichung zur Wahl nur das Geburtsjahr angegeben war. Am Dienstag machte das Politikportal „Politico“ zwei weitere Fälle bekannt, über einen ohne weitere Angaben zu Alter. Die AfD Nordrhein-Westfalen erklärte auf Anfrage, dieser Kandidat sei auch nicht Mitglied der Partei gewesen, es lägen keine näheren Informationen vor. Patrick Tietze (42, Suizid) aus Wipperfürth/Oberbergischer Kreis René Herford (Alter unklar)/Oberbergischer Kreis Die Sterbe-Statistik : Im vergangenen August sind nach Angaben des Landesbetriebs IT-NRW 267 Menschen gestorben, die zum Todeszeitpunkt so alt waren wie Wolfgang Seitz und Stefan Berendes, also 59 Jahre alt oder im 59. Lebensjahr. Mit 66 Jahren oder im 66. Lebensjahr, so wie Ralph Lange, starben 486 Menschen, mit 71 Jahren oder im 71. Lebensjahr wie Wolfgang Klinger 557. CDU tritt mit 25.000 Bewerbern an Bei der Vielzahl von Bewerbern ist es hingegen eher ungewöhnlich, dass aus anderen großen Parteien bisher keine Kandidaten verstorben sind. So haben sich für die CDU rund 25.000 Kandidaten aufstellen lassen. Ein Sprecher zu t-online: „Zum Glück sind uns keine Fälle von Verstorbenen bekannt, auch wenn das bei der großen Zahl von Bewerbern statistisch nicht überraschend wäre.“ Die Ermittlungen : Bei zwei der zunächst bekannten vier Todesfälle von AfD-Bewerbern sahen die Behörden Anlass für ein Todesermittlungsverfahren, wie sie auf Anfrage von t-online mitteilten: bei dem 59-jährigen Wolfgang Seitz und dem gleichaltrigen Stefan Berendes. In beiden Fällen hatte der Notarzt jeweils „unklare Todesursache“ auf der Todesbescheinigung vermerkt. Das sei nicht ungewöhnlich, erklärt Björn Haubrok von der Kreispolizeibehörde Wesel, und komme dann vor, wenn der Arzt, der die Todesbescheinigung ausstellt, den Toten und seine mögliche Krankheitsgeschichte nicht kennt und keine offenkundige Todesursache wie ein Unfall vorliegt: „Wir haben das 800 bis 1.000 Mal im Jahr.“ Im Kreis Wesel leben 470.000 Menschen. In den anderen beiden Fällen stand für die Mediziner bereits bei der Leichenschau fest, dass eine natürliche Todesursache vorliegt – daher gab es dort keine Ermittlungen. Es habe auch keine anderen Hinweise auf Fremdverschulden oder Ermittlungsansätze gegeben, dass es sich nicht um natürliche Tode handeln könnte. Bei René Herford lag eine Lebererkrankung vor. „Todesursache: unklar“, aber keine Hinweise auf Fremdeinwirkung In den beiden Fällen, in denen die Notärzte unsicher waren, konnte die Polizei nach ihren Angaben bei den Ermittlungen Fremdeinwirkungen schnell ausschließen. Die AfD Dortmund schrieb über Seitz, die „Zustände in unserem Land“ seien „ihm letztlich wohl so zu Herzen [gegangen], dass das sein Herz am Ende einfach nicht mehr ausgehalten hat“. Zur Krankheitsgeschichte darf die Polizei keine Angaben machen, sie sagt nur zum Vorgehen: „In solchen Fällen wird dann auch Kontakt mit dem Hausarzt aufgenommen.“ Auch Angehörige werden befragt. Bleibe ein Verdacht auf Fremdeinwirkung weiter bestehen, werde eine übergeordnete Dienststelle hinzugezogen und eventuell auch eine Obduktion vorgenommen. Die gab es jedoch in keinem Fall. Stefan Berendes war beim Ju-Jutsu-Training plötzlich und ohne bekannte Vorerkrankungen zusammengebrochen, wie der Nordrhein-Westfälische Ju-Jutsu-Verband in einem Nachruf schrieb. Keine der Ermittlungsbehörden hat zudem ernst zu nehmende Hinweise erhalten, es könne etwa Gift im Spiel sein. Aufgebracht hatte diese Vermutung Stefan Homburg, dessen Post auf X Alice Weidel weitergeleitet hatte. Der pensionierte Professor für Öffentliche Finanzen aus Hannover hatte geschrieben, er wolle nicht spekulieren. Zugleich schrieb er: „Es gibt Spekulationen über Vergiftungen, aber nichts Offizielles.“ Ein Polizeisprecher nannte das „völlig gaga“. Die Konsequenzen : Für Parteien und Verwaltungen kann der Tod eines auf den Wahlzetteln stehenden Kandidaten eine große Herausforderung bedeuten. Bisher sind jedoch keine Beschwerden der Parteien über die Wahlleitungen bekannt geworden. Im Gegenteil: In Schwerte lobte der AfD-Vertreter ausdrücklich: „Die Verwaltung der Stadt Schwerte hat optimal reagiert und uns in dieser schwierigen Lage hervorragend unterstützt.“ Hans-Otte Dinse, bis vor Kurzem Vize der Kreis-AfD und federführend in Schwerte, postete das auf Facebook. In allen betroffenen Fällen ist die Wahl wegen der verstorbenen Kandidaten zwar offiziell abgesagt, am 14. September wird jedoch trotzdem gewählt. Juristisch gilt das als Nachwahl am eigentlichen Wahltermin. Bisher bereits abgegebene Briefwahlstimmen verlieren ihre Gültigkeit, die Wähler erhalten neue Unterlagen. Und wenn die Partei überall mitspielt, steht dann dort jeweils ein neuer Name. Für einige der Verstorbenen hat die AfD bereits neue Kandidaten benannt, für andere ist das noch geplant. Die Wahlzettel werden neu gedruckt. *In einer früheren Fassung hatten wir von zwölf Todesfällen geschrieben. Danach erreichte die Redaktion der Hinweis auf den Tod einer SPD-Kandidatin und eines Grünen-Kandidaten.

Quelle: schwerte | t-online

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